Im letzten Artikel habe ich von meinem Roadtrip im Campervan auf der Nordinsel Neuseelands berichtet. Von den Stränden der Coromandel Küste ging es über das Filmset von Hobbiton bis in das nach Schwefel stinkende Rotorua. Hier kommt nun der zweite Teil meines Roadtrips. Noch immer bin ich auf der Nordinsel unterwegs und ich berichte von noch mehr Wundern der Natur. Dieses Mal geht es vom Lake Taupo und dem Tongariro Nationalpark zum Mount Taranaki im südwestlichsten Zipfel der Nordinsel.

Lake Taupo und Tongariro National Park

Der Lake Taupo ist der größte See der nördlichen Insel Neuseelands. Mit einer Fläche ungefähr so groß wie Singapur liegt er wie ein Bauchnabel in der Mitte der Insel. Die Stadt Taupo an sich finde ich, wie die meisten Städte Neuseelands, eher uninteressant. Doch sie liegt strategisch günstig, hier kann ich tanken und mich mit Vorräten versorgen, um die nähere Umgebung zu erkunden.

Etwas nördlich der Stadt Taupo befinden sich die Huka Falls. Nach einigen Wochen in Neuseeland habe ich schon ziemlich viele Wasserfälle gesehen und bin nicht mehr so leicht zu beeindrucken. Doch das Besondere an diesem Wasserfall ist sein türkis bis schlumpfblaues Wasser, das wie Ahoi-Brause mit voller Wucht vom Lake Taupo hinunter zum Fluss fließt. Die Farben hier in Neuseeland wirken manchmal richtig unecht, obwohl sie ein Produkt von Mutter Natur sind.

Südlich des Lake Taupo liegt der Tongariro National Park. Der Tongariro ist eine riesige Vulkanlandschaft, entstanden vor Millionen Jahren, als sich die pazifische unter die australische Kontinentalplatte schob. Der Name Tongariro bedeutet auf Maori sowohl “weggetragenes Feuer” als auch “vom kalten Südwind erfasst“ und ist eine heilige Stätte der Maori.

Tongariro Alpine Crossing

Hier verläuft der Tongariro Alpine Crossing, einer der beeindruckendsten und meist gelaufenen Great Walks of New Zealand. Auf über 20 km führt die Strecke durch das vulkanische Gebirge, das in der Herr der Ringe Trilogie als Kulisse für Mordor und den Mount Doom dient. Einer der Krater ist sogar noch aktiv und könnte jederzeit explodieren. Spannend!

Jeder Schritt auf der Wanderung durch den Tongariro National Park führt weiter in eine unwirkliche, sich dauernd verändernde Landschaft. Zu Beginn der Wanderung entdecke ich bei einem Blick in den Himmel einen Regenkreis. Richtig, kein Regenbogen, sondern der gesamte Kreis ist zu sehen! Ob das wohl das Auge von Sauron ist, das mich beobachtet? Der erste Teil der Wanderung verläuft noch relativ flach und führt durch eine trockene, dunkle und felsige Landschaft. Ich stelle mir vor, wie die Orks hier herumlaufen und sich für die nächste Schlacht aufstellen. Genau so muss Mordor aussehen.

Nach dem großen Anstieg erreiche ich den Rand des aktiven Vulkans und werfe einen Blick in den Krater. Weißer Rauch steigt aus dem riesigen Loch inmitten des Berges auf. Drumherum leuchten verschieden dünne, wie aufeinander gelegt wirkende Erdschichten in unterschiedlichen Farben: rot, braun und verschiedene Kupfertöne, darüber Asche in Grau und Schwarz. Dies hier ist der höchstgelegene Teil der Strecke. Von nun an geht es bergab.

Direkt hinter dem Krater führt der Pfad auf angehäufter Asche bergab, die man quasi hinunter surfen kann, denn der Boden ist nicht gefestigt. Auf einmal erscheinen drei knallblaue Seen, auf die ich direkt zulaufe. Es sind die “Emerald Lakes”, die in einem so knalligen Blau vor mir liegen, dass es total unecht wirkt. Als ob jemand die Farbe gephotoshoppt hätte.

Das letzte Stück der Wanderung führt durch Strauch und Gebüsch wieder aus der Vulkanzone in ungefährliche Ebenen hinab. Mein Kopf ist so voller Eindrücke von dieser unglaublichen geologischen Vielfalt. Wahnsinn.

Eine andere, kürzere Wanderstrecke durch den Tongariro Nationalpark ist der Taranaki Falls Track. Ein zweistündiger Rundweg mit Blick auf den Mount Tongariro, aber lange nicht so anstrengend wie der Tongariro Alpine Crossing, führt an dem eindrucksvollen Taranaki Falls-Wasserfall vorbei.

Taranaki Region. Three Sisters & Elephant Rock, New Plymouth & Mount Taranaki (Mt. Egmont National Park)

Ehe es in den südwestlichsten Zipfel der Nordinsel geht, machen wir noch einen kleinen Umweg zum Strand der Three Sisters und dem Elephant Rock. Ein Strand, der das genaue Gegenteil der Coromandel Coast ist, denn der Sand ist pechschwarz. Doch auch hier ist es wild und unbebaut. Die hinter dem Strand aufragenden Felsen sind feucht und üppig grün bewachsen. Ständig tropft es von irgendwo, und es gibt jede Menge Höhlen zu erkunden.

Die Three Sisters sind drei riesige Felsmonolyte die man nur bei Ebbe erreichen kann. Wieder so ein Paradies für Geologen, denn an den gestreiften Felswänden kann man deutlich die verschiedenen Erdschichten erkennen. Der Elephant Rock ist, wie sein Name verrät, ein riesiger Felsen, der wie ein Elefant aussieht.

Mount Taranaki

Die Stadt New Plymouth ist ein praktischer Zwischenstopp für alle, die den Mount Taranaki (Mt Egmont) besteigen wollen. Der Pukekura Park ist riesig, hat einen kleinen See und jede Menge Spazierwege, auf denen man Pflanzen und Gärten erkunden kann.

Fast so besonders, wie ich mir den Mount Fuji in Japan vorstelle, ist der einsame Berg Mount Taranaki, der hier die Hauptrolle spielt und um den sich alles dreht. Von jedem Winkel der Stadt aus soll er zu bewundern sein, jedenfalls solange es keine Wolken gibt. Majestätisch reckt sich der größte Berg der Nordinsel gen Himmel, wie mit dem Zirkel gezeichnet, liegt er inmitten eines perfekten Kreises, der die Grenzen des Naturschutzgebiets aufzeigt.

Der Gipfel des Taranaki ist jetzt im Frühling noch mit Schnee bedeckt und nur mit der richtigen Ausrüstung zu besteigen. Der Poukai Circuit ist ein Rundweg, der zwar nicht auf den Gipfel des Mt Taranaki führt, aber drum herum. Auf diesem Weg soll sich der Berg von seiner schönsten Seite zeigen und man soll eine tolle Aussicht haben. Entlang der Strecke gibt es zwei Berghütten, die als Zwischenstopp zur Erholung oder zur Übernachtung dienen.

Als ich den Poukai Circuit antrete, bekomme ich leider kein bisschen von diesem Berg zu sehen. Der Nebel ist so dicht, dass ich gerade noch meine eigenen Füße erkennen kann. Nachdem das Wetter bei Tagesanbruch des zweiten Tages in der Holy Hut gleich bleibt, beschließe ich, umzudrehen statt weiterzugehen. Schade. Zu gern hätte ich den Taranaki mit eigenen Augen gesehen. Aber nicht immer kommt alles so, wie man es gern hätte. Immerhin habe ich eine spannende Nebelerfahrung gemacht. Später, als ich schon wieder auf dem Parkplatz bin, huscht eine der Wolken kurz zur Seite und zeigt für ein paar Minuten ein Schnee bedecktes Fleckchen vom Gipfel.

Zwei Tage später sitze ich auf dem Interislander Ferry, der mich von Wellington nach Picton auf der Südinsel bringt, als mir meine Freundin Froukje die Bilder ihrer Wanderung auf dem Taranaki schickt.

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Tipps

  • Auf den Websites des DOC (Department of Conservation) oder an den Informationsstellen der Nationalparks findest du detaillierte Informationen und Broschüren über die verschiedenen Wanderungen und Berghütten.
  • Generell gilt: Immer auf das Wetter und die Gezeiten achten.
  • Die Fernwanderroute Tongariro Alpine Crossing ist kein Rundweg, deswegen sollte man sich Hin- oder Rückweg gut organisieren. Es gibt verschiedene Busse, die vom Parkplatz zum Anfang der Route fahren.