Mit einer warmen Tasse Kaffee sitze ich auf der Couch meiner gemütlichen Holzhütte, die früher mal als Vogelhaus diente und schaue durch die Glastür hinaus, was im Garten passiert. Im Hintergrund kann ich den Mount Iron sehen. Ein Tui hüpft auf dem Flax herum. Die Sprinkleranlage, die ich gerade angemacht habe, dreht fleißig ihre Runden. Der riesengroße Rhabarber mit seinen dunkelroten Stielen wackelt in der morgendlichen Brise.

Sonnenblume, Gemuesegarten und umgebaute Huette

Lina wohnt im Tiny Temple of Wellbeing in Wanaka

Es ist noch ziemlich früh, aber schon sehr hell. Hier im Süden des Südens sind die Tage im Sommer etwas länger als im Rest von Neuseeland. Die Sonne ist vor einer Weile aufgegangen, und ich habe noch ein paar Minuten Zeit, bevor ich mit der Arbeit bei meinem Wwoofing-Job beginne. Ich denke an all die schönen Eindrücke und Landschaften, die ich in den letzten paar Wochen erleben durfte.

Als ich in Nelson war, hörte ich immer wieder, dass Queenstown zwar die schönere der beiden Städte sei, dafür aber überteuert und eher auf reiche Touristen ausgerichtet. Wanaka hingegen sei von der Landschaft her sehr ähnlich, dafür aber ruhiger und entspannter.

Hier in der Otago Region im Süden der Südinsel sind Queenstown und Wanaka die größten Städte. Im Winter zieht es vor allem die Ski- und Schnee-Urlauber hier her. Im Sommer wimmelt es in den Bergen von Mountainbikern und Urlaubern, die gerne im See baden. Für Outdoor-Fans gibt also das ganze Jahr über etwas zu erleben.

Lina auf dem Wanderweg zum Roys Peak in Neuseeland

Fluss und Berge im Hintergrund beim Wanderweg in Glen Orchy

Da ich in Neuseeland mit einem sparsamen Budget unterwegs bin und das Land durch Natur- und Wohnprojekte erkunde, bei denen ich in verschiedenen Gärten herum stöbere, bewerbe ich mich für eine Wwoofing-Stelle in Wanaka, zum Glück mit Erfolg.

Wanaka

Bei Tannette, im Tiny Temple of Wellbeing, darf ich als Gegenleistung für ein wenig Gartenarbeit, Schilder malen und Gardinen nähen, kostenlos wohnen. Mir bleibt viel Freizeit, um die Umgebung zu erkunden. Auch wenn Wanaka eine sehr entspannte Stadt ist, und sich die Geschäfte und Cafés mehr oder weniger in zwei Straßen sammeln, gibt es viel zu entdecken, denn die Lage ist sehr praktisch, um Ausflüge in die Umgebung zu machen.

See von Wanaka mit Blick auf die Berge im HIntergrund

Farben, malen und Schilder Basteln - wwoofing in Neuseeland

Mount Iron – der kleine Riese

Gleich vor der Haustür steht der Mount Iron, der neben allen anderen Bergen, die hier in den Himmel ragen, mit seinen 250 Metern wie ein Zwerg wirkt. Eine 5-6 km langer Rundweg, der nicht allzu anstrengend ist, führt auf seinen Gipfel mit schönem Ausblick auf die Stadt Wanaka und den See, und wieder herab. Ein Warm-Up für alle, die die größeren Gipfel erklimmen wollen.

Ausblick vom Mount Iron in Wanaka

Das Ufer des Lake Wanaka

Genau wie die Stadt selbst heißt der See Lake Wanaka. Eine lange Strandpromenade zieht sich rund um das Ufer des Wanaka-Sees herum.

Folgt man der Promenade nach rechts, führt der Weg zum Wanaka Lake Outlet. Es ist ein wunderschöner Spaziergang, egal ob zu Fuß oder mit dem Rad. Die Landschaft hier ist einfach nur atemberaubend. Das klare Wasser und diese Bilderbuch-Bergkulisse im Hintergrund. So eine Stille, kaum 10 Minuten außerhalb der Stadt, habe ich noch nie erlebt. Wenn die abendliche Sonne tief steht und auch noch um acht Uhr abends scheint, funkelt ihr Spiegelbild auf der Wasseroberfläche. Es ist es sogar warm genug zum Baden, und es ist ruhig. Ich will hier nie wieder weg.

Clutha Fluss vom Campingplatz in Alberttown

Baden im See von Wanaka

Überall auf dem Weg entlang des Ufers gibt es kleine Strände und Buchten zum Erfrischen, um ein Picknick zu machen, oder um einen Kajak- oder Bootsausflug zu machen, denn irgendwann fließen der See und der Clutha River ineinander und auch diesem Fluss kann man am Ufer entlang fast endlos folgen.

Folgt man der Wanaka-Lake Promenade nach links, kommt man an dem – warum auch immer – viel besuchten Wanaka Tree vorbei, einem Baum, der im Wasser steht und für die Touristenmassen zu posen scheint. Der Waterfall Creek Track führt an einigen Weingütern vorbei, aber leider gibt es dort weder einen Wasserfall noch einen Fluss zu sehen. Noch weiter führt der Weg bis zum Anfang des Wanderweges des Mount Roy und noch weiter zur Glendhu Bay.

Mount Roys Peak

Der Gipfel des Mount Roy ist einer der bekanntesten, nicht nur in Wanaka, sondern in der ganzen Otago Region. Besonders beliebt ist er, um den Sonnenaufgang zu bewundern. Viele lockt es in den frühen Morgenstunden hoch, um zu beobachten, wie der Himmel über Wanaka die Nacht zum Tag werden lässt. Der Weg bergauf verläuft ohne viel Abwechslung im Zickzack und bietet kaum Schatten, darum eignen sich die frühen Morgen- oder späten Abendstunden besonders gut.

Berge und Grat - blick auf den See von Wanaka

Ausblick vom Gipfel des Mount Roy

Zelte kurz vor dem Gipfel des Mount Roy bei Sonnenuntergang

Zuerst eine dünne rosa Spalte, die sich tief unten über die Berge am Horizont legt. Dann erscheint von unten eine kleine, noch schüchtern wirkende Morgensonne hinter dem Berg. Schnell wird die Kugel immer größer und heller und findet ihren Weg nach oben. Dann, pralles Licht. Kaum ist das Naturspektakel vorbei, machen sich Zuschauer wieder auf den Weg den Berg hinunter.

Sonnenaufgang vom Gipfel des Mount Roy

Wer nicht so früh aufstehen möchte, kann auch die Nacht davor hochklettern und oben zelten. So bekommt man den Sonnenuntergang und den Sonnenaufgang mit. Wem es am Mount Roy zu voll ist, der kann Isthmus Peak erklettern. Die Landschaft auf der Wanderung dort ist abwechslungsreicher, der Ausblick sehr ähnlich.

Panoramablick kurz vorm Gipfel Roys Peak

Glendhu Bay

Folgt man dem linken Ufer des Sees ist man nicht weit von Wanaka entfernt, schnell von Weingütern umgeben. Ein Schotterweg führt zwischen Kuh-, Schaf- und Hirschweiden in ein Tal mit Blick auf den majestätischen Mount Aspiring, auf dessen Gipfel selbst im Sommer noch Schnee liegt.

Vieh weidet im Tal bei Glendhu Bay

Haengebruecke in Glendhu Bay

Hawea Lake

Nur wenige Autominuten von Wanaka entfernt, ist der Hawea Lake eine schöne Abwechslung, falls der See in Wanaka in der Sommersaison zu überlaufen ist. Von hier aus geht es zum Isthmus Peak hinauf.

Bucht vom See Hawea in Otago

Baum und See im Hintergrund des See Hawea

Crown Range, Cardrona & Queenstown

Die Crown Range Road verbindet Wanaka mit Queenstown und ist die höchstgelegene Straße in Neuseeland. Allein für die Bergkulisse, durch die man fährt, lohnt sich der Weg. Mittendrin, auf halber Strecke, liegen Cardrona und sein renommiertes Hotel. Von außen sieht es nur aus wie ein kleiner Container mit einem Vintage Schriftzug. Wagt man sich jedoch hinein, kommt man zunächst in ein altes Gasthaus mit roten Ledersofas und Jagdtrophäen, dessen Wände von gewaltigen Geweihen geschmückt werden. Dann geht es wieder hinaus, auf einen wunderschönen Innenhof mit alten Holztischen und Bänken und vielen schönen Blumen und grünem Rasen. Für einen entspannten Drink lohnt sich dieser Zwischenstopp auf der fast einstündigen Fahrt von Wanaka nach Queenstown auf jeden Fall.

Lina und der Ausblick auf die Crownrange

Alter Schriftzug - Fassade des Hotel Cardrona

Das Hotel Cardrona

Die Stadt Queenstown liegt am Lake Wakatipu, der, wie viele andere Seen, vor vielen Jahrtausenden durch sich verschiebende Gletscher während der letzten Eiszeit entstand. Einer Maori Legende nach hängt die Entstehung des Wakatipu-See allerdings mit einer verbotenen Liebesgeschichte zusammen.

Matakauri, ein junger Krieger und Manata, die schöne Tochter eines Māori-Häuptlings, wollten heiraten, doch es wurde ihnen verboten. Eines Tages wurde Manata von dem Riesen Matua entführt. Matakauri eilte zur Rettung seiner Liebsten herbei und steckte des Nachts den schlafenden Riesen in Brand. Matua schmolz und hinterließ eine riesige Grube, die sich mit Wasser und Eis füllte. Das Paar entkam und konnte schließlich doch heiraten. Der große, S-förmige See, der an dieser Stelle zurückblieb, trägt den Namen Wakatipu, was übersetzt „Höhle des schlafenden Riesen“ bedeutet. Denn der Legende nach schlägt Matuas Herz noch immer unter der Wasseroberfläche im See und verursacht das verwunderliche Steigen und Fallen des Wasserspiegels.

Tagesausflug in der Nähe von Queenstown

Wasserfall im Wald bei Queenstown

Heute ist Queenstown eine der bekanntesten Städte Neuseelands – vor allem wegen ihres angeblich europäischen Flairs, des Nachtlebens und des Riesenangebots an Sportarten mit Adrenalin-Kick, wie Bungee-Jumping oder Fallschimrspringen. Insgesamt gesehen ist die Südinsel europäischer als die Nordinsel, denn bei ihrer Ankunft machten sich die europäischen Siedler in ihrem Goldwahn hier so breit, dass es bis heute bemerkbar ist. Der Anteil der Maori Bevölkerung ist hier sehr gering.

Schon auf dem ersten Blick merkt man, dass in Queenstown definitiv mehr los ist als in Wanaka. Die Promenade ist belebter. Ein kleiner Hafen mit einer angedockten Boots-Bar empfängt Besucher, eine Gondelbahn führt auf den nächstgelegenen Berg hinauf und die Gärten im Park sehen gepflegt aus. Der Blick auf den See und die Berge im Hintergrund, ähneln Wanaka. Doch hier gibt es mehr Läden und Cafés, sogar Streetfood-Stände. Vielleicht wirkt es europäischer, weil man hier mehr und leichter Geld ausgeben kann.

Durch Queenstowns Nähe zu den neuseeländischen Alpen, gibt es viele schöne Tagesausflüge und längere Wanderrouten.

Glen Orchy & Earnslaw Burns

Fährt man durch Queenstown durch und folgt dem geschlängelten Ufer des Lake Wakatipu, erreicht man die “Scenic Route der Southern Alps”, auf der sich inks und rechts riesige Berge in die Höhe strecken, die an nebeligen Tagen mit den Wolken verstecken spielen.

Der Ort Glen Orchy ist, wie der Name vermuten lässt, schottischer Herkunft. Es ist ein niedliches Touristen-Dörfchen, genügsam, dafür aber sehr nett. Im Sommer ist ein kleiner Eisladen geöffnet und es gibt ein Künstleratelier mit einem kleinen Laden, in dem allerlei Handgemachtes verkauft wird: Töpferwaren, Wolle von neuseeländischen Schafen, Bilder, Postkarten….

Ein Spaziergang um den See mit wunderschönem Ausblick. Sonne, Wasser, Berge. Von Natur umgeben zu sein, macht glücklich. 

Lina am See in Glen Orchy, Neuseeland

Wanderpfad in Neuseeland

Real-Fruit beereneis in Glen Orchy

Handgemachtes - Kleines Atelier in Glen Orchy

Earnslaw Burns Track

Die Wanderung führt durch einen dicht bewachsenen Buchenwald bis ins Tal des Gletschers Earnslaw Burn. Es ist eine sehr mühsam zu laufende Strecke, denn der Weg führt die ganze Zeit über Wurzeln und lose Felsen, sodass man sehr auf jeden Schritt achten und über Pfützen und Schlamm springen muss. Das Gelände ist sehr uneben und die Erde immer feucht. Am Ende gelangt man ins Tal mit Blick auf den Earnslaw Burn Glacier. Es ist fast einschüchternd, so prachtvoll erscheint der weiße Berg plötzlich zwischen all den anderen Gipfeln. Links und rechts des Weges fließt geschmolzenes Eis an den Felswänden hinunter. Es bilden sich viele meterhohe Wasserfälle. Das mühsame Stapfen hat sich gelohnt.

Viele Besucher zelten eine Nacht im Tal und gehen erst am nächsten Morgen wieder hinunter. Ich mache mich jedoch noch am selben Tag wieder auf den Rückweg, denn ich möchte weiter zu meinem nächsten Abenteuer.

Lina wandert im Wald

Earnslaw Buns Track - Ankunft im Tal

Eisgletscher im Tal - Earnslaw bei Queenstown, Neuseeland

Wasserfall bildet sich an der Felswand